Diese Woche habe ich ein Video zugeschickt bekommen, auf dem die Nachteile von Lauflernwagen sehr gut erkennbar sind. Dieser Junge ist , ich habe ihn kennengelernt, sehr gut entwickelt. Er hat eine gute Kopfkontrolle, Stützreaktionen, exploriert im gesunden Bereich und die Lagewechsel Bauchlage, Sitz, Krabbeln und Hochziehen in den Stand sind nahezu perfekt. Dennoch ist die Familie in die Förderfalle getappt und hat dem Jungen einen Lauflernwagen gegeben.
Warum sollten wir das nicht machen: Am Fuss des Jungen ist deutlich zu erkennen, dass der Fussgreifreflex noch voll ausgelöst werden kann. Ich habe dies auch getestet und verifiziert. Das heisst, der Fuss ist noch nicht bereit für dauernden Reiz auf die Fusssohle und löst ein Krallen und Wegdrehen des Fusses aus. Dies kann, wenn sich der Reiz nicht beruhigt zu einem Zehenspitzengehen führen. Ausserdem wird der Fuss nicht physiologisch abgerollt und das Kind gewöhnt sich ein X-Bein und aussenrotiertes Gehen an. Was passiert ausserdem: Das Kind ist mit dem Schwerpunkt nach vorne geneigt und ist nicht im Lot, trainiert also nicht sein Gleichgewicht. Hier bekommen wir irgendwann Schwierigkeiten mit der Beckenbalance und das wiederum führt häufig zu Rückenschmerzen. Das Kind kann die Richtung nicht bestimmen. Wir kennen das vom Einkaufswagen, der schwierig zu lenken ist. So geht es dem Kind. Es stolpert einfach dem Wagen hinterher. Das Kind hat die Hände nicht frei. Es kann nicht sinnerfüllend und zielgerichtet auf einen Gegenstand zugehen, um ihn zu erkunden, nicht der Mama in die Arme rennen und dem Papa nicht am Bein ziehen. Es hat im Gegenteil die Hände gefaustet und angespannt. Es erfolgt keine Gleichgewichtsreaktionen mit Händen und Armen und die Schultern werden beim Gehen verspannt. Was also, wenn wir so ein Laufgestell nun aber haben, meist mit guten Absichten von Verwandten geschenkt? Dankend ablehnen und lieber ein Holztier zum Nachziehen schenken lassen, irgendwann ein Bobbycar oder die Hüpfbälle oder Nilpferde, Schaukelpferde oder einfach nur einen Ball, dem das Kind dann Nachrennen kann. Die Kinder brauchen nicht immer Förderung, sondern Zeit, die wir ihnen lassen, um sich in ihrem eigenen Tempo zu entwickeln.
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AutorJUDITH HÖFERLIN Archiv
August 2021
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