"Sitz gerade!" Wie oft haben Sie das als Kind gehört und wie oft sagen Sie sich das heute zu sich selbst? Was ist denn aber gerade? Und wie sitze ich denn richtig? Viele Menschen sind unsicher, wenn sie erklären sollen, wie die richtige Sitzhaltung denn eigentlich aussieht. Und das, obwohl es sich eigentlich um eine ganz alltägliche Position handelt. Eine gerade Sitzposition ist auch eine ergonomische Haltung. Sie vermeidet Rücken- und Nackenschmerzen und sollte nicht anstrengen, was zu Beginn aber unvermeidlich ist, bis die neue ergonomische Sitzhaltung zu der gewohnten wird.
Achten Sie auf Ihre Füße
Beim Sitzen beginnen wir bei den Füssen. Diese sollten fest auf dem Boden stehen. Warum? Versuchen Sie mal die Füsse nach vorne zu strecken und gerade zu sitzen! Das fällt schwerer weil sie die hintere Oberschenkelmuskulatur unter Zug bringen. Und die ist bei den meisten ohnehin verkürzt. Und wenn die Füsse unter dem Stuhl aufgestellt werden, haben Sie die Tendenz nach vorne zu fallen. Dies geht nur, wenn Sie sich vorne abstüzten können oder wie beim Kniestuhl, die Abstützung über den Kniestand gewöhrleistet wird.
Die Füsse stehen also fest auf dem Boden und die Knie sind genau über den Füssen. Wir haben keine X-Beine und keine O-Beine. Die Oberschenkel sollten mit den Unterschenkeln im Knie einen rechten Winkel bilden. Besser ist sogar, wenn die Oberschenkel etwas nach unten abfallen, also die Knie unter den Hüften sind. Das geht aber nur, wenn sich die Sitzfläche nach vorne neigen lässt oder mit Hilfsmitteln wie Sitzkissen nachgeholfen wird. Dass die Knie oder Hüften nicht mehr als einen rechten Winkel bilden, ist zum einen für die Gelenke selbst weniger belastend und es ist bedeutend für den venösen Abfluss und die Lymphe. Es bilden sich eher Krampfadern und geschwollene Füsse, wenn die Blutgefässe in den Gelenken abgeklemmt werden.
Die Haltung des Beckens - das wichtigste beim ergonomischen Sitzen
Das allerwichtigste beim ergonomisch Sitzen ist aber das Becken. Es bildet das Fundament der Wirbelsäule, und diese sollte wie im Stehen, sich wie ein doppeltes S formen. Die Wirbelsäule bildet im unteren Teil, der Lendenwirbelsäule eine Lordose, also ein leichtes Hohlkreuz, um in der Brustwirbelsäule in eine Kyphose, einer leichten Rundung nach hinten, überzugehen. Diese schwingt nach oben in eine erneute Gegenkrümmung, der Halslordose, auf der der schwere Kopf tront und im guten Gleichgewicht balanciert wird. Ist dies so gegeben, sollten Nackenschmerzen keine Thema sein. Das Becken muss also ein wenig nach vorne gekippt werden. Sie rollen also über die Sitzknochen drüber und halten direkt davor an. Achtung: nicht zu weit nach vorne, so dass Sie sich nicht in einem starken Hohlkreuz parken. Ein Keilkissen kann die Beckenkippung unterstützen und hat den Vorteil, dass die Oberschenkel auch leicht nach unten fallen können. Leider verhindert es abe ein dynamisches Sitzen, was ein Ballkissen viel eher fördert. Dies kann auf Dauer wiederum anstrengend sein. Optimal ist, wenn Sie eine Rückenlehne haben, die das leichte Hohlkreuz mit einer Lordosestütze ermöglicht. Wenn Sie dies nicht haben, tut es auch ein kleines Kissen in der Lendenwirbelsäule.
Wenn das Becken die richtige Position eingenommen hat, baut sich die Wirbelsäule praktisch fast automatisch in eine ergonomische Position auf wie ein Zahnrad das die anderen Räder in die richtige Richtung dreht. Achten Sie darauf, dass der Tisch nicht zu niedrig eingestellt ist, so dass die Unterarme aufliegen. Dann noch ein wenig das Brustbein anheben als ob Sie einen Orden auf der Brust zur Schau tragen und die Schultern bleiben dabei ganz locker. Wenn der Bildschirm die richtige Höhe hat, Sie also leicht nach unten schauen, haben Sie die richtige Kopfposition schon gefunden. Probieren Sie einmal selbst das Becken nach hinten zu kippen und dabei gerade zu sitzen, die Füsse nach vorne oder den Stuhl ganz tief stellen und den Bildschirm hoch. Da finden Sie kaum eine ergonomische Sitzhaltung.
Das hilft beim ergonomischen Sitzen
Der Stuhl und die gute Rückenlehne sind sehr wichtig für eine gute Sitzposition. Es gibt aber durchaus Varianten und Hilfsmittel.
Der Ball
Er unterstützt hervorragend die gerade Haltung und das dynamische Sitzen, hat aber den Nachteil, dass er auf Dauer anstrengend wird. Er sollte aber unbedingt bei kurzen Sitzungen oder zwischendurch im Büroalltag herangezogen werden.
Weitere Hilfsmittel
Der Swopper oder die Stehhilfe, bzw. der Hocker mit dem Dreieckssitz sind ideal für Tätigkeiten, in denen immer wieder aufgestanden werden muss, wie Empfangsarbeiten, bügeln, therapieren, Lehrtätigkeiten. Hier braucht es keine Rückenlehne, da die Aktivität sich immer wieder ändert. Das Sitzen geschieht beinahe automatisch ergonomisch.
Hilfsmittel wie der Keil, das Ballkissen, die Lordosestütze sind in ihrem Nutzen abhängig von dem Stuhl und der Rückenlehne. Sie haben den Vorteil, dass sie überall hin mitgenommen werden können und günstig sind im Vergleich zu einem Rückengerechten Stuhl.
Fazit
Probieren Sie es gleich aus, die ergomomische Sitzhaltung. Es wird sicher ungewohnt und anstrengend sein und erwarten Sie nicht von sich selbst, dass sie nur den Schalter unlegen müssen und dann klappt das von heute auf morgen. Wie mit allen Gewohnheiten ist es ein Umlernen, das stattfinden muss. Ihr Körper hat sich vielleicht an die runde Haltung gewöhnt und findet, obwohl auf Dauer schädigend für den Rücken, dies aber ganz gemütlich. Der erste Schritt ist immer erst, sich selbst zu beobachten. Wenn Sie merken, Sie sitzen nicht ergonomisch, dann korrigieren Sie sich sofort. Das hält vielleicht zu Beginn eine Minute, länger nicht. Im Laufe der Zeit erwischen Sie sich immer häufiger und korrigieren sich dementsprechend oft. Bis Sie sich umkonditioniert haben und die aufrechte, ergonomische Position bequem finden, kann schon einige Zeit vergehen. Bis dahin haben Sie aber ihre Rückenlehne, die Ihnen den Rücken stärkt und Sie beim Sitzen unterstützt.
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AutorJUDITH HÖFERLIN Archiv
August 2021
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